Schulabschluss geschafft – und nun?
„Augen auf bei der Berufswahl“ – das wird oft so salopp dahingesagt, und manchmal ist es dann schon zu spät. Der Berufsbildungsbericht 2018 sagte aus, dass 25,8 % der beruflichen Ausbildungen in Deutschland vorzeitig abgebrochen werden. Es werden zwei Ursachen genannt: Zum einen mangelnde Ausbildungsqualität und schlechte Ausbildungsbedingungen in einzelnen Betrieben, zum anderen mangelnde Information über das, was den Auszubildenden in der gewählten Lehre und dem erlernten Beruf erwartet. Ersteres kann die Schule nicht beeinflussen, den zweiten Aspekt aber sehr wohl. So gibt es an der Staatlichen Regelschule „Dr. Carl Ludwig Nonne“ schon seit Jahren viele Projekte zur Berufsorientierung aller Schüler, und der Titel „Berufswahlfreundliche Schule“, der 2006 erstmals verliehen und bereits mehrfach neu zertifiziert wurde, ist dafür beredter Beweis.
Ein wichtiger Baustein in diesem Prozess ist die Berufsorientierungswoche für unsere Neuntklässler, die vom 21. bis 25. Oktober 2019 in dieser Form bereits zum zweiten Male stattfand und somit schon eine kleine Tradition ist. Wie bei der „Erstauflage“ hatten die Berufsberaterin Frau Darwich von der Arbeitsagentur sowie die für die Berufsorientierung verantwortlichen Lehrer Frau Diemb und Frau Truckenbrodt ein abwechslungsreiches und informatives Programm organisiert. Dieses deckte viele Interessenbereiche ab und bot den Schülern sowohl einen Einblick in die Möglichkeiten der Berufsfindung und die Abläufe des Bewerbungsverfahrens, aber auch in ganz konkrete Ausbildungen und Berufe, die die Firmen der Region anbieten.
In mehreren Unterrichtseinheiten wurden theoretische Grundlagen der Berufsorientierung vermittelt. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Gestaltung der Bewerbungsmappe sowie praktischen Übungen zum Vorstellungsgespräch. Vieles ist dabei zu beachten, manches ist selbstverständlich, einiges sorgte für große Augen und einen „Aha-Effekt“.
Das „Lernen am anderen Ort“ spielte in der Berufsorientierungswoche natürlich auch eine wichtige Rolle. Während der Betriebsbesichtigung bei NIDEC in Merbelsrod gab es viele Einblicke in die Arbeitsabläufe eines modernen Unternehmens sowie Infos über Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten. Der Besuch in der Arbeitsagentur Suhl sollte den Schülern helfen, die vielfältigen Medien zu Berufsorientierung kennenzulernen und richtig zu nutzen. Auch der Berufswahltest beim Berufspsychologischen Dienst stand auf dem Programm, der dem Einzelnen eine Orientierungshilfe zu seinen berufsspezifischen Stärken und Schwächen sein kann.
Der Höhepunkt der Berufsorientierungswoche war der Mittwoch, an dem einige Firmen und Unternehmen den Weg in die Schule auf sich genommen hatten und den Schülern Informationen aus erster Hand lieferten. Hierbei standen hauptsächlich die handwerklichen Berufe im Mittelpunkt, aber auch der verwaltungstechnische, landwirtschaftliche und soziale Bereich wurden abgedeckt. Besonderes Interesse weckte wie immer der Stand der Bundeswehr. Und wer sich aufgrund der Vielfalt (2016 gab es 326 anerkannte Ausbildungsberufe) bis zum Schulabschluss gar nicht entscheiden kann, hat die Möglichkeit, in einem Freiwilligen Sozialen Jahr seine Stärken zu erproben und erst dann in die – hoffentlich richtige – Ausbildung zu starten. Diesen Weg stellte das DRK Erfurt vor.
Die Beschäftigung mit Berufen und Unternehmen fand ihren Abschluss in der Präsentation der einzelnen Arbeitsgruppen. Jede dieser Gruppen hatte sich mit einem Unternehmen oder einem Berufsbild beschäftigt und präsentierte dies nach gründlicher Vorbereitung in der Abschlussveranstaltung am Freitag. Das konnte sowohl in Form einer Power Point Präsentation als auch mit einem Plakat geschehen. Die Leistung wurde im Fach Wirtschaft-Recht-Technik bewertet. Manch einer stellte hier fest, dass es für ein ansprechendes Arbeitsergebnis doch mehr Zeit und Mühe bedarf, als man bereit war zu investieren. Auch das ist eine wichtige Lehre, die man aus der Berufsorientierungswoche für den in nicht allzu ferner Zukunft anstehenden Bewerbungsprozess mitnehmen kann.
Ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Einfluss bei der Berufswahl sind natürlich die Eltern. Diese sind oftmals Vorbild bei der Berufswahl und haben die Aufgabe, ihre Kinder beim Herausfinden von Stärken und Schwächen zu unterstützen, sie zu beraten und Alternativen zu finden, wenn der scheinbare Traumberuf doch nicht der richtige ist.
Genau informiert zu sein ist da natürlich eine wichtige Voraussetzung. Deshalb gab es auch eine Veranstaltung für die Eltern der Klassenstufe 9, in der sie über mögliche Bildungswege nach dem Schulabschluss informiert wurden. „Augen auf bei der Berufswahl“, denn „Ein verfehlter Beruf verfolgt uns durch das halbe Leben“ (Honoré de Balzac) – die Projektwoche für die Neuntklässler hatte genau das im Blick.
Pia Schubert
Fotos: Schule